Menschen mit Aphasie haben meist traumatisierende Erfahrungen hinter sich, die sie selten aufgearbeitet haben. Diese hinterlassen Verlustgefühle, Ängste und Perspektivlosigkeit. Zudem erleben sie jeden Tag Hilflosigkeit, wenn es ihnen nicht gelingt, Inhalte so zu übermitteln, wie sie es gewohnt waren. Der primäre Auftrag an Sprachtherapeut:innen ist es, diesen Patient:innen wieder zu mehr Sprach- und Kommunikationsfähigkeit zu verhelfen, aber für den Umgang mit den sozio-emotionalen Belastungen, die damit zusammenhängen, gibt es bisher kaum Handwerkszeug oder Modelle. Wir möchten Kolleg:innen dazu ermutigen, die psychosoziale Dimension, welche das Kommunikationsverhalten häufig stark mitbestimmt, nicht auszuklammern, sondern bewusst in die Aphasietherapie zu integrieren. Nur wie soll das gehen, ohne die Grenzen zur Psychotherapie zu überschreiten?
Basierend auf den emotionspsychologischen Konzepten von Kontrollverlust und Wiederaufbau von Selbstwirksamkeit zeigt Gabriele Scharf-Mayer ganz praktische therapeutische Prinzipien und Vorgehensweisen auf, mithilfe derer Menschen mit chronischer Aphasie aus dem Hilflosigkeits-Zirkel ausbrechen, neue Denk- und Verhaltensweisen bewusst einsetzen und ihre Kommunikation aktiv neu gestalten können. Sie erleben auf diese Weise, wie sie ihren Emotionen nicht mehr ausgeliefert sind, sondern diese wieder selbst beeinflussen können.
Anhand vieler konkreter Fallbeispiele wird deutlich, wie es mithilfe von konsequenter Transparenz, Vereinfachung und Visualisierung gelingen kann, Patient:innen aller Schweregrade auch auf der Meta-Ebene zum Verstehen und Überdenken ihrer aktuellen Situation, zum Ändern ihrer Denkmuster und zum bewussten Einsatz von neuen Strategien zu verhelfen. Dadurch erleben die Patient:innen nicht nur die Therapeutin als Helferin und den Therapieerfolg als Problemlösung, sondern die gesamte Sprachtherapie als einen Weg zu mehr Selbstwirksamkeit.
Die Teilnehmerinnen des Workshops erhalten praktische Anregungen für die Gestaltung von Gesprächen auf der Meta-Ebene. Es werden Visualisierungsmöglichkeiten für verschiedene Therapiesituationen und verschiedene Schweregrade vorgestellt, die in Kleingruppen-Arbeit auf eigene Fälle übertragen werden. Im interaktiven Austausch mit den Teilnehmer:innen kann je nach Bedarf die Übertragung des Konzepts auf verschiedene Störungsbilder, verschiedene Schweregrade, aber auch auf verschiedene therapeutische Settings wie Akutversorgung, niedrigfrequente ambulante Logopädie oder stationäre Rehabilitation diskutiert werden.
Auf diese Fortbildung aufbauend bieten wir die Fortbildungen Strategien statt Hilfen – selbstwirksam statt hilflos! und Mutig auf die Meta-Ebene an. Alle Fortbildungen können aber auch unabhängig voneinander gebucht werden.