Menschen mit Aphasie erleben sich als hilflos, wenn es ihnen nicht ohne Hilfe gelingt, sich verständlich zu machen. Hilfen erleben sie dabei nicht nur als Unterstützung, sondern indirekt auch als Bestätigung, es (noch) nicht alleine zu können. In der logopädischen Ausbildung werden Hilfen und Hilfe-Hierarchien gelehrt und Therapeut:innen sind häufig darauf fokussiert, was SIE tun können, um den Patient:innen zu adäquaten Äußerungen und mehr Sprachfähigkeit zu verhelfen. Eine Strategie-zentrierte Sprachtherapie geht einen anderen Weg. Darin wird nicht die korrekte Äußerung und auch nicht die Hilfestellung der Therapeutin, sondern der eigenständige Weg des Patienten zur Äußerung fokussiert. Die Patienten werden darin unterstützt, geeignete und individuell angepasste Strategien zu finden und anzuwenden, mithilfe derer ihnen eine eigenständige Äußerung oder Kommunikation gelingt. Dadurch erleben die Patient:innen den Therapieerfolg als ihre eigene Problemlösung und die Sprachtherapie als einen Weg zu mehr Selbstwirksamkeit.
Damit aus Hilfen Strategien werden, ist nur ein einfaches Umdenken von therapeutischer Seite notwendig. Aus Hilfe-Angeboten werden Fragen, die den Patienten zu eigener Problemlösung animieren und seine Aufmerksamkeit auf mögliche Lösungswege lenken. Ist eine geeignete Strategie gefunden, gilt es, diese im Blick zu behalten, um auch beim nächsten Mal eigenständig zur Lösung zu kommen. Dabei werden zahlreiche kognitive Exekutivfunktionen wie Selbstbeobachtung, Arbeitsgedächtnis und geteilte Aufmerksamkeit mit-trainiert, die für eine Umsetzung in der Alltags-Kommunikation des Patienten unerlässlich sind. So wird eine Strategie-zentrierte Sprachtherapie gleichzeitig zu einer wertvollen kognitiven Therapie. Einfache Visualisierungen helfen, die Strategien für Patient:innen aller Schweregrade greifbar und einprägsam zu machen, damit sie diese auch bewusst einsetzen und deren Einsatz selbst beurteilen können.
Basierend auf den emotionspsychologischen Konzepten von erlernter Hilflosigkeit und Selbstwirksamkeitsüberzeugung zeigt Gabriele Scharf-Mayer auf, wie durch eine Strategien-zentrierte Sprachtherapie die gesamte emotionale Situation der Patient:innen sehr positiv mitbeeinflusst wird, indem sie aus der erlernten Hilflosigkeit ausbrechen, Entscheidungsmöglichkeiten haben und dadurch erleben, dass sie ihre Kommunikation wieder selbst aktiv und neu gestalten können.
Anhand konkreter Fallbeispiele wird deutlich, wie groß das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten dieses Ansatzes ist. Die Teilnehmerinnen des Workshops üben, bisher gewohnte therapeutische Hilfen in ein Strategien-Training zu übersetzen. Es werden viele verschiedene Strategien und deren Visualisierungsmöglichkeiten vorgestellt und die Teilnehmer:innen erhalten die Möglichkeit, diese im interaktiven Austausch und in Kleingruppen-Arbeit auf eigene Fälle aller Störungsbilder und Schweregrade zu übertragen.
Diese Fortbildung ist gut geeignet als Aufbau zu der Fortbildung Emotionsregulation in die Aphasietherapie integrieren. Als dritte Fortbildung in dieser Reihe bieten wir den Kurs Mutig auf die Meta-Ebene an. Alle Fortbildungen können aber auch unabhängig voneinander gebucht werden.